Das ist sie also: Die Großstadt im Grünen. Zugegeben, recht grün ist es ja, aber ist das etwas so besonderes? Liegen nicht alle Oberbergischen Kleinstädte irgendwie im Grünen? Mag sein, aber so richtig komplett städtisches Flair hat nur Waldbröl: Problemviertel, Staus, Finanzlöcher. Nicht zu vergessen, daß die Stadt gleich zwei Namen ihr eigen nennt: Wald
brööl und
Waldbröll.
Andererseits sind die Waldbröler Bürger mit Recht so von ihrer Stadt überzeugt, daß sie die urbanen Probleme kaum wahrnehmen. Allein die Wichtigkeit der bekannten Söhne der Stadt – Volkslied-Komponist und Nazi-Größe – stellt sogar das sprichwörtliche Städtchen Güllen aus Dürrenmatt's "Besuch der alten Dame" in den Schatten. Doch keinesfalls muß Waldbröl tief in die historische Kiste greifen, um VIPs zu Tage zu fördern; auch aktuelle Medien-Stars wie Alice Schwarzer oder Chris Roberts sind stolz darauf, Waldbröl ihre Heimatstadt – oder zumindest Wahlheimat – nennen zu dürfen. Da kann selbst ein New Yorker nur sagen: Donnerwetter, Hut ab! Solche Bedeutsamkeit haben normalerweise nur sich Stadt schimpfende Rheinland-Pfälzische Kuhdörfer.
Und überhaupt: Wenn die Adolf-Hitler-Schule und die Reichstraktoren-Werke gebaut worden wären, wäre Waldbröl sowieso längst kreisfreie Stadt mit einem eingemeindeten Gummersbach und Bonn als Suburb im Speckgürtel. Doch – und da sind sich die meisten Zukunftsforscher ganz sicher – Waldbröl wird diese Bedeutsamkeit auch so erreichen; mit ehrlicher Arbeit und kommunalen Schuldenbergen. Man betrachte allein das Bevölkerungswachstum des letzten Vierteljahrhunderts: 33% weisen schon auf eine tolle Erfolgsstory hin!
Doch nicht nur Menschen treffen in Waldbröl auf fruchtbaren Boden, auch die Pflanzenwelt hat hier ihr Mekka: Der beeindruckende, berühmt-berüchtigte "Südkreis-Regen" erhält die unvergleichliche Grünheit des Stadtgebietes. Mit 1400 mm Jahresniederschlag ermöglicht Waldbröl erst die Schiffbarkeit des Niederrheins; würde das Wasser des Waldbrölbaches gestaut, könnten die restlichen Talsperren des Bergischen und des Sauerlandes ihre Schleusen öffnen, da die Versorgung des Ruhrgebietes bereits sichergestellt wäre.
Wer jetzt denkt, die Gemüter der Stadtbevölkerung ließen entsprechend ebenfalls sonnige Aspekte vermissen, der irrt gewaltig: In Waldbröl ist was los! 43% mehr Verkehrsunfälle als im Kreisdurchschnitt und 66% mehr Straftaten sind jeweils spitze und daher beachtlich! Bei einer Arbeitslosenquote von 14% mag letzteres auf den ersten Blick vielleicht nicht überraschend erscheinen; schaut man sich die Ursachen jedoch genauer an, weist dies keinesfalls direkt auf soziale Probleme hin – nein, unter den über 3000 Aussiedlern trinkt überhaupt niemand gerne Wodka, vielmehr handelt es sich hierbei durchgehend um sehr vorbildlich konservative Mitbürger, die eben konsequenter Straftaten melden als z.B. Wiehler Nachbarn mit laissez-faire-Mentalität als vermeintlicher Annäherung an großstädtische Denkweisen: Vielmehr kann eben nur Waldbröl mit den Metropolen um die ersten Plätze der bundesdeutschen Kriminalitätsstatistik wetteifern. Was die zahlreichen – im Übrigen urdeutschen – Neubürger angeht, so haben sie sich exzellent in bestehende Strukturen eingegliedert; sie stellen z.B. über 60 % der Schüler der Städtischen Hauptschule.
Und wer meint, die Unfallstatistik ließe sich sicher auf mangelhaften Ausbau der Verkehrswege zurückführen, liegt ebenfalls daneben: Waldbröl ist einfach zu gut erreichbar, als daß sich die Autos woanders stauen könnten als erst auf der Kaiserstraße selbst, der übrigens einzigen Fußgängerzone Deutschlands, durch die eine Bundesstraße führt.
An dieser Stelle gilt es noch, eine weitverbreitete Legende richtigzustellen: Die vieldiskutierte Umgehungsstraße um Waldbröl – evtl. als Teil einer Bergischen Autobahn – wurde nicht von den sparsamen Waldbrölern selbst angeregt, sondern von neidischen Nachbarkommunen, die möglichst viel Verkehr an Waldbröl vorbeileiten wollen, damit "Weltbröl" nicht noch wohlhabender wird. Doch dieses Projekt ist bereits zum Scheitern verurteilt, da nur die wenigsten Waldbröl lediglich passieren wollen – den Durchschnittsautofahrer zieht es direkt in's attraktive Zentrum! Und dort wird er in Zukunft auch viel schneller sein können, dank dem (zur Beruhigung der Grünen als "Reaktivierung alter Bahnlinien" getarnten) Bau der Transrapid-Strecken Wiehl-Waldbröl und Morsbach-Waldbröl.
Daß Waldbröl für besagte Nachbarn trotz aller Mißgunst unersetzlich ist, liegt nicht nur am überdimensionalen Einzelhandel, sondern auch an Schulzentrum und Krankenhaus: Ohne die Stadt im Grünen wüchsen in der Umgebung andauernd tausende ungebildete Kinder auf und würden mangels Nahrungsmittel- und Notversorgung auch nicht sehr alt. Waldbröl gebührt daher großer Dank und Respekt für den unermüdlichen Einsatz für alle Werte der westlichen Welt! Selbstlos opfern sich die Waldbröler für die Allgemeinheit, während nur andere Kommunen beispielsweise von Kreiszuschüssen und Landeshilfen profitieren.
Falls Sie nun Tränen in den Augen spüren und dieser bemerkenswerten Stadt finanziell unter die Arme greifen wollen, so können Sie ihr Gewissen schon mit einer kleinen (oder größeren) Spende auf eines der auf ihrer Homepage aufgelisteten Konten der munizipalen Verwaltung tun. Es bedankt sich im Voraus bei Ihnen
Ihre Stadt Waldbröl